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ie Menschen in Thailand haben sich trotz fortschreitender gesellschaftlicher Veränderungen als Folge
einer rasanten wirtschaftlichen Entwicklung ihre kulturellen Traditionen weitgehend bewahrt. Gerade in der
ländlichen Provinz gelten die Wertvorstellungen und Glaubensinhalte des Buddhismus nach wie vor als Richtschnur für das gemeinschaftliche Leben und die besonderen Ereignisse im Jahresablauf. Eine ganz
zentrale Rolle spielt hierbei die buddhistische Fasten- und Einkehrzeit (Buddhist Rain Retreat), die schon vom historischen Buddha Shakyamuni selbst eingesetzt worden ist. In dieser Periode während der
Monsun-Regenzeit in den Monaten Juli bis September/Oktober ziehen sich die Mönche in die Klöster zurück, um sich unter Fasten ganz dem Gebet und der Meditation zu widmen. Das Ende dieser dunklen,
regenverhangenen Einkehrzeit wird im ganzen Land mit grandiosen Lichterfesten gefeiert, um die Rückkehr der Sonne und der hellen Jahreszeit zu begrüßen. 
n Thailand gibt es aber auch völlig andere, ausgefallene,
zudem sehr anmutige Formen, das Ende der Regen- und Einkehrzeit zu feiern. Ein zauberhaftes Beispiel dafür ist das Yon Bua-Fest von Bang Phli in der Provinz Samut Prakan im
Mündungsdelta des Menam Chao Phraya. Während der Regenzeit ist hier der Lotos in großen Mengen gewachsen. Beim Yon Bua Festival dient er jetzt dazu, das Ende der düsteren Regenperiode
zu feiern und zugleich Lord Buddha mit einem Lotos-Fest, einer Wasserprozession und einem wahren Lotosblumenrausch eine besondere Ehre zu erweisen.
er Lotos hat im Buddhismus eine besondere, tiefsinnige
Bedeutung. Einer Legende zufolge wurde Buddha aus einer Lotosblume geboren. Viele Darstellungen zeigen Buddha auf einer Lotosblume meditierend. Der Lotos
symbolisiert Reinheit und Vollkommenheit und die Lehre Buddhas selbst. So wie sich die Lotosblume aus
dem Grund schlammiger Teiche rein und strahlend entfaltet, so soll sich auch die Seele des Menschen aus dem Staub der materiellen Welt in die reine Wesenlosigkeit des Nirwana erheben. Jeden Tag werden
Buddha in den Tempeln von den Gläubigen unzählige Lotosblüten geopfert. 
eben dem Lotos dreht sich bei dem Fest alles um die
heilige Buddha Figur „Luang Pho To“ aus dem Wat Bang Phli Yai. Um die Herkunft dieses hochverehrten Bildnisses rankt sich eine besondere, wundersame Geschichte. Einst
wurden drei bronzene Buddha-Statuen von Prachinburi aus den Fluß Chao Phraya herunter geschwemmt und kamen zunächst bei Sampathan zum Vorschein. Die
Menschen dort versuchten, die drei Statuen mit Seilen an Land zu ziehen, was ihnen aber nicht gelang. Auch mit vereinten Kräften ließen sie sich nicht bewegen und
wurden schließlich weiter flussabwärts getrieben. Die Buddha-Figur „Luang Pho To“ tauchte schließlich am Wat Bang Phli Yai auf und wurde dort im Tempel aufgestellt.
Auch die beiden anderen Figuren wurden bei zwei anderen Tempeln wiedergefunden, wo sie dann ihre Heimstatt fanden. Deshalb glauben die Leute, dass jede dieser
Buddha-Figuren eine Art Eigenleben führt und sich ihren Platz in einem ihr gefälligen Tempel eigenständig
ausgesucht hat. Mit dem Yon Bua Festival von Bang Phli wird der Buddha-Figur „Luang Pho To“ jedes Jahr zum Ende der Regen- und Einkehrzeit eine besondere Verehrung zuteil.
n der Nacht vor dem Fest pflücken die Bewohner von Bang Phli in einer fröhlichen
Gemeinschaftsaktion bei Musik und Tanz große Mengen von Lotosblumen, die in der Umgebung des Ortes massenhaft wachsen. Am nächsten Morgen liegen sie als Zeichen nachbarschaftlicher Verbundenheit für
die vielen Besucher aus den umliegenden Orten bereit, die dem Fest beiwohnen wollen. Früher wurden die Lotosblumen in einer persönlichen Geste von Hand zu Hand an die Gläubigen ausgegeben. Dieser schöne
Brauch genannt “Rap Bua” (Empfangen des Lotos), der die Gemeinschaft im buddhistischen Glauben ausdrückt, hat sich inzwischen großenteils überlebt, nicht zuletzt deshalb, weil der
Ansturm der Besucher zu groß geworden ist.
m Vollmondtag des 11. thailändischen Mondmonats (i. d. R.
Anfang Oktober), an dem auch die buddhistische Einkehrzeit endet, ist es dann so weit. Beim ersten Tageslicht strömen die Gläubigen aus den Nachbargemeinden, inzwischen aber auch
aus weitem Umkreis, auf Fahrzeugen und Booten herbei, um zunächst die Lotosblumen abzuholen. Dann eilt alles zum Klong Samrong, an dem auch der Wat Bang Phli Yai, die
Tempelheimstatt der Buddha-Figur „Luang Pho To“ liegt. Zum Fest haben die Menschen, die am Samrong Kanal wohnen, ihre Häuser mit Fahnen dekoriert und kleine Buddha-Altäre
aufgebaut. Zu Tausenden drängen sich die Leute an den Uferböschungen in freudiger Erwartung der kommenden Ereignisse. Am Ufer des Kanals haben viele Boote mit Gläubigen Aufstellung genommen. Alle
Festteilnehmer halten Büschel von rosa und weißen Lotosblüten in ihren Händen.
egen acht Uhr nimmt das Festgeschehen seinen Lauf. Eine Kopie der Buddha-Figur „Luang Pho To“ wird auf einen reich geschmückten Lastkahn gehoben und es beginnt eine etwa
zweistündige Wasserprozession den Samrong Kanal hinauf und herunter. Für die Gläubigen kommt jetzt der große Moment, dem sie aufgeregt entgegenfiebern. Dort, wo der Kahn gerade den
Uferbereich passiert, ergießt sich ein Schwall von Lotosblumen über das Buddha-Bildnis. Voller Eifer und Enthusiasmus werfen die Menschen ihre Lotosblumen und hoffen, daß sie möglichst nah am
Buddha-Bildnis landen. Auf diese Weise bringen die Gläubigen Buddha ein Opfer dar und bezeugen ihm ihre Verehrung. Mit diesem Bild erklärt sich auch der Name des Yon Bua-Festes, denn „Yon Bua“
bedeutet nichts anderes als „Lotosblumen werfen“.
mmer neue Blütenschauer regnen auf den Festkahn herab und
die Lotosblüten türmen sich vor dem Buddha-Bildnis zu einem Berg. Den Gläubigen bringt dies religiöse Verdienste, macht aber auch großen Spaß. Es herrscht eine heiter-ausgelassene Stimmung und
gegenseitig stachelt man sich beim Werfen der Lotosblumen an. Viele Lotosblumen verfehlen allerdings ihr Ziel und landen im Kanal, der von Blüten übersät ist. Männer auf dem Festkahn und auf Begleitbooten sind
deshalb bemüht, die Blüten aus dem Wasser zu fischen und vor dem Buddha-Bildnis aufzuschichten. Höher und höher wächst so der Blütenberg und zum Abschluß der Wasserprozession gegen
zehn Uhr lugt daraus kaum mehr als der Kopf der Buddha- Statue hervor. Mit der Speisung der Mönche und einem Besuch im Tempel, bei dem die Gläubigen den Predigten der Mönche
lauschen, endet der sakrale Teil der Feierlichkeiten.
och damit ist das Yon Bua-Fest noch lange nicht vorbei.
Jetzt beginnt das weltliche Vergnügen, das zu jedem religiösen Fest untrennbar dazugehört. Und gerade in Thailand nehmen diese Volksfestvergnügungen nicht selten den Charakter
regelrechter Showveranstaltungen an. Das Programm, das auf dem Lotos-Fest von Bang Phli zu Lande und zu Wasser geboten
wird, ist bunt und vielfältig und vermittelt zudem einen interessanten Einblick in die thailändische Volkskunst. So werden, dem Festanlaß angemessen, die Besucher in Vorführungen in die Kunst der
Dekoration mit Lotosblüten eingewiesen. In Thailand wurde diese Fertigkeit zur Meisterschaft entwickelt
und blickt auf eine lange Tradition zurück. Für kurzweilige Unterhaltung sorgen zudem folkloristische
Aufführungen von Volkstheater, sog. „saba thoi”, die hauptsächlich Szenen aus dem Ramayana darstellen.
Dazu gehören auch volkstümliche Singspiele, sog. „phleng rua”, die auf Booten dargeboten werden. Selbstverständlich dürfen die beliebten Bootsrennen nicht fehlen, die auch andernorts zum Ende der Regenzeit im Rahmen von Lichterfesten stattfinden. In Bang
Phli werden sie mit alten historischen Booten ausgetragen. Zu den typisch thailändischen Festvergnügungen gehören Schönheitswettbewerbe und auch das reine Amüsement kommt
etwa beim Tauziehen von Booten aus nicht zu kurz.
en absoluten Höhepunkt bildet jedoch die Parade der
prunkvoll hergerichteten Schauboote. In kunstvoller und aufwändiger Aufmachung nach Tiermotiven, Motiven aus der Mythologie oder als Tempel gestaltet, gleiten sie den Samrong
Kanal entlang und ziehen die bewundernden Blicke der Zuschauer auf sich. Gruppen hübscher Thaimädchen zwischen den Dekorationen bieten einen zusätzlichen optischen Reiz und
entlocken spontane Beifallsbekundungen. Der Anblick erinnert an einen Karnevalsumzug auf dem Wasser und ist auch in Thailand in dieser Form einmalig. Die Boote stehen untereinander im Wettbewerb um
verschiedene Preise für die schönste, die einfallsreichste und die humorvollste Gestaltung. 
atürlich ist kein Fest in Thailand vorstellbar ohne ein Riesenangebot von Garküchen, die um die schmackhafteste Zubereitung von „gourami“,
einer lokalen Fischart, konkurrieren. Auch überkommene Gericht aus früherer Zeit locken die Besucher. Die besten „foodstalls“ werden von
renommierten Köchen prämiert. Mit einer eindrucksvollen Licht und Ton-Show über das Leben der Menschen am Samrong Kanal von Bang Phli endet am Abend das Yon Bua-Fest.
s sind nicht unbedingt die bekannten touristischen Großereignisse,
wie hier in Thailand etwa Loy Krathong oder Songkran, die dem Besucher einen tieferen Einblick in die Festkultur eines Landes ermöglichen.
Vielmehr erschließen sich ihre religiösen Wurzeln eher bei den kleineren regionalen Festen, wo die Einheimischen weitgehend unter sich sind und ihre Traditionen und Glaubensvorstellungen unbeeinflußt von
Tourismusmanagern pflegen. Hier eröffnet sich dem Besucher ein authentisches Bild vom Leben der Menschen und seinen festlichen Höhepunkten, das einen nachhaltigeren Eindruck hinterläßt als manches
inszenierte Tourismusspektakel. In diesem Sinne kann man dem interessierten Reisenden in Thailand das Yon Bua-Fest von Bang Phli nur wärmstens empfehlen. Den nächsten Termin zusammen mit den übrigen
Festen finden Sie für das laufende Jahr auf unserer Seite unter den Fest-Terminen von Thailand.
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