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n Bali hat sich eine Fest-Kultur entwickelt, die in der Welt einzigartig ist. Die Gunst der umgebenden
Natur mit fruchtbaren Böden, vom Monsunregen reichlich bewässert, sicherte den Menschen stets komfortabel ihre Nahrungsgrundlage. Dies eröffnete Ihnen Freiräume, ihre Tatkraft und Energie stärker
auf geistig-immaterielle Güter, auf die Verfeinerung und prunkvolle Ausgestaltung künstlerischer und
religiöser Ausdrucksformen auszurichten. Zweifellos hat dies zu der kulturellen Befruchtung beigetragen, wie sie bis heute in dem faszinierenden Schauspiel balinesischer Tempelfeste, den Odalan, ihren
Ausdruck findet.
eder Tempel auf Bali feiert einmal im balinesischen Ritualjahr mit großem Prunk sein Odalan-Fest, die
Wiederkehr des Tages seiner ersten Weihe. Für die dörfliche Gemeinschaft ist der Tempelgeburtstag der Höhepunkt des Festkalenders und der sonst häufig verwaiste Tempelbezirk erwacht zu vielfältigem
religiösen und weltlichen Leben . chon die Vorbereitungen offenbaren den beispiellosen Reichtum balinesischer Volkskunst. In tagelanger Arbeit haben die Frauen dekorative Flecht- und
Steckwerke aus Palmblättern gefertigt, die jetzt Altäre und Opfernischen des Tempels zieren. Nicht weniger kunstvoll gestaltet sind die kleinen und großen Opfergaben, wie die
Sarad, farbenfrohe und filigrane Gebilde aus Reismehl. Geradezu spektakulär wirken die riesigen, bis zu 2 m hohen und oft mehr als 20 kg schweren Opfertürme aus
Reiskuchen, exotischen Früchten und Blumen. Überall im Tempel und an den Strassen werden hohe Bambusstangen, die Panjors, aufgerichtet, von denen meisterlich geflochtene
Gebinde aus Palmblättern, Blumen und Fahnen herabhängen. Auch die Tempelschreine erstrahlen im Schmuck aus Fahnen, prachtvollen Tuchfriesen und Zeremonialschirmen.
evor das Fest beginnen kann, wird der Tempel von den Brahmanenpriestern mit heiligem Wasser
gereinigt und die bösen Geister und Dämonen müssen durch das Blutopfer eines rituellen Hahnenkampfes besänftigt werden. Jetzt ist alles bereit zum Empfang der Gottheiten, die dem Fest beiwohnen werden.
In magischen Zeremonien beschwören die Priester die Herabkunft der Götter, während aufsteigender Weihrauch ihnen als symbolische Himmelsleiter dienen soll. Begleitet von dröhnenden Gongschlägen
vollzieht sich ihr Abstieg und das lebhafte Treiben im Tempel weicht ehrfürchtigem Schweigen. Schläge auf die Kul-Kul Trommel verkünden schließlich die Ankunft der Gottheiten und rufen alle Gläubigen zum
Tempel.  on nun an reißt der Strom festlich gekleideter Menschen zum Dorfheiligtum nicht mehr ab, wo sie
den Göttern ihre Opfergaben darbringen. Grazil, aber auch mit akrobatischem Geschick balancieren die Balinesinnen ihre kunstvollen und farbenprächtigen Opfertürme unter
dem Klang von Gongs, Zimbeln und Trommeln auf ihren Köpfen zum Tempel. Vor allem die großen Odalan-Feste der Staatstempel mit ihrem schier endlosen Zug prachtvoll in
glänzende Festgewänder gehüllten Balinesinnen und ihren Opfertürmen bieten dabei ein Bild unvergleichlicher Schönheit und Ästhetik.
eremonien und Kulthandlungen in und um den Tempel nehmen während der normalerweise dreitägigen Dauer
eines Odalan-Festes kein Ende. Nach der Darreichung der Opfergaben versammeln sich die Dorfbewohner um den
Hohenpriester, um mit Gebetsritualen den Göttern zu huldigen und symbolisch Verbindung mit Sanghyan Widdhi, der höchsten balinesischen Gottheit, aufzunehmen. Priester und Priesterinnen singen Hymnen an
die Götter und von den Schreinen steigen Wolken von Weihrauch auf, die eine mystische Atmosphäreverbreiten. Häufig verfallen Gläubige bei Festritualen oder religiösen Tänzen in trancehafte
Verzückung, wenn göttliche Wesen von ihnen Besitz ergreifen, für die Balinesen eine ganz „natürliche“ Erscheinung. 
eligiöse Hingabe und spirituelle Inbrunst sind jedoch nur eine Seite von Odalan. Die andere steht für heiteres
Vergnügen und ausgelassenes Feiern, denn ein Odalan-Fest soll Götter und Menschen gleichermaßen erfreuen. Die nähere Umgebung des Tempels verwandelt sich deshalb während des
Odalan in einen fröhlichen und bunten Jahrmarkt. Zu beiden Seiten des Tempeltores stehen Imbissstände und Verkaufsbuden in dichten Reihen und bieten, was das Herz
begehrt. Alle Teilnehmer haben ihre beste Kleidung angelegt und besonders die jungen Mädchen haben sich zauberhaft herausgeputzt.
m äußeren Tempelbezirk wogen tagsüber die Leidenschaften der Männer beim Hahnenkampf,
während nachts dort Tanzdramen und Wayang Kulit (Schattenspiele) aufgeführt werden. Natürlich darf dabei auch der Barong nicht fehlen, jenes mythologische Fabelwesen und Sinnbild der positiven Kräfte,
dessen Schutz sich die Balinesen gerne anvertrauen. Meist gegen Mitternacht beginnen die Darbietungen von balinesischen Volksopern, die erst am frühen Morgen enden. Und
über all dem breitet sich der geheimnisvolle Klangteppich des Gamelan-Orchesters, das in einem Pavillon im Vorhof des Tempels unermüdlich Göttern und Menschen aufspielt.
m Abend des dritten Tages neigen sich die Odalan-Feiern
langsam dem Ende entgegen. Im innersten Tempelbereich werden weitere Reinigungszeremonien und Opferhandlungen vollzogen, um für das nächste Jahr die bösen Geister und Dämonen aus dem Dorf
fernzuhalten. In der letzten Nacht findet hier auch die eher stille Verabschiedung der Götter statt. Das Fest endet mit dem Verschließen des inneren Tempeltores, das erst wieder zum
nächsten Tempelgeburtstag geöffnet wird. Ein faszinierendes Ereignis geht zu Ende, das mit seiner Farbigkeit und Lebensfreude, aber auch seiner spirituellen Ausstrahlung jedem Besucher
unvergesslich bleibt.
esonders prächtig sind die Odalan-Feierlichkeiten in den „Sad Kahayanga-Tempeln“, den
Nationaltempeln der Balinesen, wo die Festlichkeiten zum Tempelgeburtstag bis zu zehn Tage dauern. Die genauen Daten der Odalan und der übrigen Feste finden Sie für das laufende Jahr auf unserer Seite
unter den Fest-Terminen von Bali.
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